Naturschutz

1. Einleitung
Die Jagd ist seit Jahrtausenden ein fester Bestandteil menschlicher Kultur. Während sie früher vor allem der Nahrungsbeschaffung diente, hat sie heute in Mitteleuropa in erster Linie eine regulierende und naturschützende Funktion. In einer dicht besiedelten Kulturlandschaft, in der natürliche Feinde vieler Wildarten weitgehend fehlen und der Lebensraum durch Landwirtschaft, Verkehr und Siedlungsbau stark verändert wurde, übernehmen Jägerinnen und Jäger wichtige Aufgaben für das ökologische Gleichgewicht.
Naturschutz im Bereich der Jagd bedeutet nicht nur, Wildbestände zu regulieren, sondern umfasst auch den Erhalt und die Förderung von Lebensräumen, den Schutz bedrohter Arten, die Beobachtung und Dokumentation von Wildtieren sowie Maßnahmen zur Schadensvermeidung in Wald und Landwirtschaft.

2. Hege – Pflege der Wildbestände
Die Hege ist das Herzstück jagdlicher Arbeit im Sinne des Naturschutzes. Sie beinhaltet alle Maßnahmen, die Wildtieren ein gesundes Leben im Einklang mit dem vorhandenen Lebensraum ermöglichen.
Bestandsregulierung: In Deutschland fehlen viele große Beutegreifer wie Wolf, Luchs oder Bär in weiten Teilen ihres ursprünglichen Verbreitungsgebiets. Dadurch können sich bestimmte Wildarten, insbesondere Reh- und Rotwild, übermäßig vermehren. Ohne Regulierung kommt es zu Verbissschäden an jungen Bäumen, was die natürliche Waldverjüngung erschwert. Eine angepasste Bejagung verhindert Überpopulationen und fördert den Waldumbau zu klimastabilen Mischwäldern.
Gesundheit des Wildes: Überhöhte Wilddichten begünstigen Krankheiten und Parasitenbefall. Durch eine gezielte Entnahme kranker oder schwacher Tiere wird die Ausbreitung von Seuchen wie der Afrikanischen Schweinepest oder der Räude vermindert.
Ausgewogenheit zwischen den Arten: Jäger achten darauf, dass nicht einzelne Arten auf Kosten anderer überhandnehmen. Dies dient der Artenvielfalt und der Stabilität des Ökosystems.

3. Lebensraumpflege – Grundlage für Artenvielfalt
Ein gesunder Wildbestand hängt unmittelbar von einem intakten Lebensraum ab. Jäger leisten hier vielfältige Beiträge:
Anlage von Biotopen: Wildäcker, Blühstreifen, Feuchtflächen oder Streuobstwiesen bieten Nahrung und Deckung für Wildtiere und fördern gleichzeitig Insekten, Vögel und Kleinsäuger.
Pflege von Hecken und Feldgehölzen: Strukturelemente wie Hecken dienen als Brutplätze, Windschutz und Wanderkorridore. Durch regelmäßige Pflege werden sie vor Verbuschung oder Überalterung geschützt.
Schaffung von Rückzugsräumen: Unbewirtschaftete Randstreifen oder Brachen bieten Wildtieren Ruhe- und Aufzuchtplätze fern von Störungen.
Wasserstellen: In trockenen Sommern können künstlich angelegte Wasserstellen für Wild und andere Tiere lebenswichtig sein.

4. Artenschutz – Jagd als Schutzinstrument
Jagd kann gezielt dem Artenschutz dienen:
Bekämpfung invasiver Arten: Neozoen wie der Waschbär, der Mink oder das Nutria gefährden heimische Arten, indem sie Nester plündern, Lebensräume zerstören oder Nahrungskonkurrenten darstellen. Eine gezielte Bejagung kann diesen Druck mindern.
Schutz von Bodenbrütern: Raubwild wie der Fuchs oder der Marderhund kann hohe Verluste bei bodenbrütenden Vogelarten verursachen. Durch Regulierung des Prädatorendrucks wird deren Brut- und Aufzuchterfolg verbessert.
Wiederansiedlungsprojekte: Jäger beteiligen sich an Projekten zur Rückkehr von Arten wie dem Auerhuhn oder dem Feldhasen, indem sie geeignete Lebensräume schaffen und Fressfeinde reduzieren.

5. Monitoring – Daten für Wissenschaft und Behörden
Jäger sind täglich im Revier unterwegs und verfügen dadurch über wertvolle Kenntnisse zu Tierbeständen und Lebensräumen:
Zählungen und Beobachtungen: Frühjahrs- und Herbstzählungen, Sichtbeobachtungen und Spurenanalysen liefern Daten zu Populationsgrößen und -entwicklungen.
Gesundheitskontrolle: Erlegte oder verendete Tiere werden auf Krankheiten untersucht, wodurch frühzeitig Seuchenausbrüche erkannt werden können.
Zusammenarbeit mit Forschungseinrichtungen: Wildtierforschung, Telemetrieprojekte oder DNA-Analysen werden häufig mit Unterstützung der Jägerschaft durchgeführt.

6. Schadensvermeidung in Wald und Landwirtschaft
Naturschutz im jagdlichen Sinne bedeutet auch, das Gleichgewicht zwischen Wild und genutzten Flächen zu wahren:
Wildschadensprävention: Durch gezielte Bejagung, Wildschutzzäune oder das Ausbringen von Verbissschutzmitteln werden junge Kulturen geschützt.
Wildlenkung: Fütterungen in strengen Wintern oder Wildäcker können helfen, Wildtiere von besonders empfindlichen Flächen fernzuhalten.
Verkehrsunfälle vermeiden: Durch Wildwarnreflektoren, Aufklärungskampagnen und jagdliche Maßnahmen wird das Risiko von Wildunfällen reduziert.

7. Jagdethik und Nachhaltigkeit
Ein wesentlicher Aspekt des Naturschutzes in der Jagd ist die ethische Verantwortung:
Waidgerechtes Handeln: Das Erlegen erfolgt möglichst tierschutzgerecht und ohne unnötiges Leiden.
Nachhaltige Nutzung: Nur so viele Tiere werden entnommen, wie es der Bestand und der Lebensraum zulassen.
Respekt vor dem erlegten Tier: Brauchtum, wie der letzte Bissen oder der Bruch, dient nicht nur der Tradition, sondern auch dem bewussten Umgang mit dem Leben des Wildes.

8. Fazit
Naturschutz im Bereich der Jagd ist ein umfassendes Konzept, das weit über das reine Erlegen von Wild hinausgeht. Er verbindet ökologische, tierschutzrechtliche und gesellschaftliche Aufgaben. In einer Zeit, in der natürliche Lebensräume schwinden und sich Umweltbedingungen rasant verändern, leisten Jägerinnen und Jäger durch Hege, Lebensraumpflege, Artenschutz, Monitoring und Schadensvermeidung einen wertvollen Beitrag zur Stabilität und Vielfalt unserer Natur.
Damit dieser Beitrag wirksam bleibt, sind eine fundierte Ausbildung, kontinuierliche Weiterbildung und die enge Zusammenarbeit mit Forstwirtschaft, Landwirtschaft, Naturschutzverbänden und Wissenschaft entscheidend.